Inside out - "Triff die Stimmen in Deinem Kopf"
Inside Out (aus dem englischen: das Innere nach außen (gekehrt)) ist der Titel eines Pixar-Animationsfilms, der in Deutschland unter der Bezeichnung „Alles steht Kopf“ bekannt wurde. Protagonist ist die kleine Riley, die durch eine Emotionszentrale im Leben gesteuert wird. In der Zentrale „arbeiten“ 5 „Mitarbeiter“, die jeweils eine Emotion verkörpern. Rileys Kindheit wird fortan durch diese 5 Basisemotionen geprägt: Freude, Kummer, Angst, Wut und Ekel.
Immer, wenn eine Emotions-Kugel (vom jeweiligen „Mitarbeiter“) in der Kontrollzentrale losgeschickt wird, empfindet Riley das entsprechende Gefühl in Ihrem Leben. Die Emotions-Mitarbeiter in der Kommandozentrale beraten sich ständig untereinander, welche Emotion in der jeweiligen Situation für Riley wohl die richtige ist. An der Kommandozentrale fährt der Gedankenzug vorbei, der u.a. Kisten mit „Fakten“ und „Meinungen“ geladen hat. Im Gedankenzug purzeln regelmäßig die Kisten durcheinander, was zu einem ziemlichen Durcheinander im (Innen-)Leben der kleinen Riley führt.
„Triff die Stimmen in deinem Kopf“ – ist das Abenteuer der 11-jährigen Riley überschrieben. Dieser Kinderfilm erklärt uns auf bezaubernde Weise, was „emotionale Intelligenz“ bedeutet, und wie wir Menschen (nicht nur 11-jährige 😊) funktionieren. Wir alle sind wie Riley. Wir alle haben verschiedene „Stimmen“ in unserem Kopf, die durch Gedanken und Gefühle repräsentiert werden. Der Umgang mit uns selbst (bevor wir mit anderen umgehen) ist eine große Herausforderung im Leben und umschreibt sehr gut den Kern von emotionaler Intelligenz.
Emotionen steuern unser Leben. Sie sind Antriebskräfte, die von außen durch Reize (z.B. Situationen) oder durch Impulse von innen (Gedanken) ausgelöst werden. Emotionen setzen Energie für unser Verhalten frei. Sie zeigen uns, was wir über uns und die Welt denken - Emotionen „kehren“ damit unser Inneres nach außen (Inside Out). Emotionen werden durch die Befriedigung von unseren Bedürfnissen beeinflusst > nicht befriedigte Bedürfnisse führen zu neg. Emotionen, befriedigte Bedürfnisse führen zu pos. Emotionen.
Der Film zeigt eindrucksvoll, dass gerade auch schwierige Emotionen, wie z.B. Wut oder Traurigkeit, wichtig für unsere Entwicklung bzw. für die Entwicklung unserer Persönlichkeit sind.
Unsere emotionale Intelligenz und unsere emotionale Stabilität hängen davon ab, wie gut wir Emotionen bei uns und anderen Menschen wahrnehmen, diese verstehen, bei uns und anderen steuern bzw. positiv beeinflussen können. Wir treffen und steuern quasi unsere „Stimmen im Kopf“, wie so passend im Film beschrieben. Indem wir mit unseren eigenen Emotionen und denen anderer (besser) umgehen (lernen), kommen wir mit uns selbst gut zurecht und führen positive Beziehungen mit anderen. Wie Riley, möchten wir alle ein glückliches und erfüllendes Leben im Innen und Außen führen. Der kluge Umgang (Klugheit der Gefühle) mit unseren Emotionen bringt uns dorthin (Seligmann, 2015).
Der Psychologe und Journalist Daniel Goleman hat 1995 den Bestseller "Emotionale Intelligenz" geschrieben. Durch sein Buch lernten Millionen Menschen das Konzept kennen.
Peter Salovey und John D. Mayer definieren emotionale Intelligenz als:
„Die Fähigkeit, die eigenen Gefühle und Emotionen sowie die Gefühle und Emotionen anderer zu beobachten, zu unterscheiden und sich von den dabei gewonnenen Informationen in seinem Denken und Handeln leiten zu lassen.“
Die emotionale Intelligenz kann im Laufe des Lebens erworben bzw. vertieft werden. Sie kann ähnlich wie ein Muskel trainiert werden. Zunächst brauchen wir Bewusstheit, Selbstreflexion und einen gewissen Grad an Achtsamkeit, um uns selbst wahrzunehmen. Erst wenn wir uns selbst wahrnehmen, können wir unsere emotionale Intelligenz entwickeln und verändern. Die emotionale Intelligenz verbindet unseren Verstand mit unserem Herzen, d.h. unserem emotionalen Bereich.
1.) Selbstwahrnehmung: seine eigenen inneren Zustände kennen; sich mit seinen persönlichen Schatten auseinandersetzen; die eigene Intuition spüren
2.) Selbstmanagement und -regulierung: Impulse, innere Zustände und Emotionen steuern
3.) Soziale Wahrnehmung: Empathie: sich in andere Menschen hineinversetzen, Ihre Gefühle, Bedürfnisse und Belange wahrnehmen
4.) Beziehungs-Manangement: im zwischenmenschlichen Kontext sich integrieren und angemessen reagieren können (soziale Sensität)
Die emotionale Intelligenz - Susan David spricht auch von der emotionalen Agilität ("die nächste emotionale Intelligenz") - hilft uns bewusster zu leben und weniger reaktiv durch unsere Umwelt bestimmt zu sein. Unser Leben wird durch unsere Wahrnehmung und durch unsere Interpretationen bestimmt.
Der Psychiater Viktor Frankl, der mehrere Konzentrationslager im Nationalsozialismus überlebt hat, schreibt:
"Zwischen Reiz und Reaktion gibt es einen Raum. In diesem Raum haben wir die Freiheit und die Macht, unsere Reaktion zu wählen. In unserer Reaktion liegt unser Wachstum und unsere Freiheit."
Je bewusster wir mit unseren Emotionen umgehen und auf unsere Emotionen regieren, desto mehr schaffen wir uns selbst diesen "Raum der Freiheit", von dem Viktor Frankl spricht. Dieser Raum zwischen (emotionalen) Reiz und (bewusster) Reaktion wird durch unsere emotionale Intelligenz geschaffen.
Emotional intelligente Menschen reagieren z.B. auf Niederlagen eher mit Selbstmitgefühl, Widerstandslosigkeit und Akzeptanz. Gerade in schwierigen und herausfordernden Zeiten ist es wichtig, dass wir uns unsere negativen/ schwierigen Gefühle anschauen und dass wir uns diesen stellen.
Marshall Rosenberg (Begründer der "Gewaltfreien Kommunikation") stimmt der Aussage von Viktor Frankl zu, indem er sagt:
"Es sind nie die Tatsachen, die uns beunruhigen und ärgern, es sind immer unsere eigenen Bewertungen."
Durch die Beobachtung und Wahrnehmung der eigenen Gefühle sowie der Gefühle von Anderen, können wichtige Informationen für das eigene bewusste Handeln gewonnen werden. So können wir aus unseren meist unbewussten BeWERTungen (geistiger Autopilot) "aussteigen" und uns so verhalten, wie es zu unserer Absicht und zu unseren Werten passt.
Die Emotionale Intelligenz zu erweitern oder zu entwickeln ist eine Form der Persönlichkeits- und Bewusstseins-Entwicklung. Unsere Werte bilden dabei den Kompass für unsere emotionale Intelligenz - diesen bewertungsfreien Raum zwischen unseren Gedanken und Gefühlen und den darauffolgenden Reaktionen.
Emotionale Intelligenz kann als "Klugheit der Gefühle" verstanden werden, die sich aus 2 Dimensionen zusammensetzt:
Beide Dimensionen zeichnen sich jeweils durch das Erkennen und die aktive Steuerung von auftretenden Emotionen (und Gedanken) aus. Durch ein hohes Maß an emotionaler Intelligenz werden wir zu unserem eigenen Kopfkino-Drehbuch-Autor (s. Film "Alles steht Kopf"). Wir sind dann weniger abhängig von den Ereignissen in der Außenwelt und erkennen, dass wir selbst die Verantwortung für unser Wohlbefinden und für die Beziehungs-Gestaltung zu anderen Menschen haben.
Nico Rolli
Bachemerstr. 233 50935 Köln