Viele Führungskräfte in Unternehmen versuchen täglich die negativen Auswirkungen ihrer mangelnden emotionalen Reife auf die Mitarbeiter zu minimieren. Sie definieren sich selbst und ihren Platz in Unternehmen über ihre Stellung und ihre Arbeit. Eine rein rationale Orientierung an Zahlen, Fakten und Daten führt im Management zu einer Verkümmerung der emotionalen Ebene. Ich spreche in diesem Zusammenhang gerne von emotional unreifen Führungskräften. Emotional unreife Führungskräfte handeln aus einem emotionalen Defizit heraus - Sie selbst und das Team leiden darunter. Emotionale Führung ist in diesem Fall nicht möglich.
Solange emotional unreife Führungskräfte die Auswirkungen dieser emotionalen Defizite auf sich selbst und andere nicht wahrnehmen, können diese Defizite auch nicht aktiv bearbeitet werden. Emotionale Führung beginnt damit zu erkennen, wie der eigene emotionaler Reifegrad ist.
Aus eigener Erfahrung und meiner Arbeit als Führungskräfte-Coach weiß ich, dass emotionale Reife (und damit Kompetenzen) von Führungskräften in schwierigen Gesprächen / Situationen, in Beziehungskrisen mit Mitarbeitern und in dem Schmerz von Niederlagen und Rückschlägen entwickelt wird. Immer dort, wo wir mit unseren (gerade auch negativen) Emotionen konfrontiert werden, bietet sich uns eine große Wachstumsmöglichkeit. Es wird hier von Wachstumsschmerzen gesprochen (s. Brene Brown: „Authentizitäts-Wachstumsschmerzen“). Das Zeigen der eigenen Verletzlichkeit ist der "Turbo" um den eigenen emotionalen Reifegrad zu steigern und um Verbindung mit den Mitarbeitern und dem Team herzustellen.
"Die grundlegende Aufgabe von Führungskräften besteht darin, in den Menschen, die sie führen, positive Gefühle zu wecken." (Daniel Goleman)
Führungskräfte, die keine positiven Gefühle in ihren Mitarbeitern wecken können, sollten sich mit ihren emotionalen Mustern auseinandersetzen. Emotional reife Führungskräfte sind sich ihrer eigenen kontraproduktiven Gedanken, Gefühlen und Mustern bewusst und arbeiten daran. Unsere eigenen emotionalen Muster werden aus unseren nicht gelebten und bewältigten Emotionen (in der Vergangenheit) aufgebaut und haben Einfluss auf unser heutiges Verhalten. Emotionale Führung beginnt dort, wo ich mich als Führungskraft diesen Mustern stelle. Hinweise auf unsere (unreife) emotionalen Muster können Verhaltensweisen wie bspw. Perfektionismus, Jähzorn, Verbitterung, nachtragendes Verhalten, Arbeitssucht, übermäßige Strenge, Geltungssucht (Abhängigkeit von ständiger Anerkennung), u.ä. sein. Es gibt verschiedene Wege, sich den eigenen Mustern zu stellen (u.a. nach Peter Scazzero):
Emotionale Führung bedeutet: zum Magneten für Emotionen zu werden, d.h. die "spürbare Wirkung auf das emotionale Gehirn der Menschen.." (Daniel Goleman). Der sog. "Ripple-Effect" (angelehnt an die kreisförmige Wellenbewegung, die ein ins Wasser geworfener Stein verursacht) beschreibt im Kontext von emotionaler Führung den Umstand, dass die Führungskraft viel stärker die Emotionen der Mitarbeiter/ des Teams beeinflusst, als das umgekehrt der Fall ist.
Emotionale Führung bedeutet auch, die Kanarienvögel im Unternehmen im Blick zu haben. In frühen Zeiten des Bergbaus, gab es keine Möglichkeiten den Kohlenmonoxid-Gehalt in der Luft zu bestimmen (Gefahr von Explosionen). Die Lösung fand sich in Form von Kanarienvögeln. Haben diese gezwitschert, war alles gut. Wenn diese verstummten, war das ein Zeichen für den steigenden Gasgehalt. Beobachten Sie die Stimmung (das Gezwitscher Ihrer Mitarbeiter / Teams) auf der Arbeit sehr genau und achten Sie auf kleine Hinweise, dass etwas nicht stimmt. Nehmen Sie sich die Zeit für wichtige Gespräche, für Beziehungsaufbau und seien Sie in ständigem Austausch mit Ihren Mitarbeitern.
"Führung ist nicht gleichbedeutend mit Dominanz, sondern die Kunst, Menschen davon zu überzeugen, zusammenzuarbeiten, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen." (Daniel Goleman)
Folgende Praxis-Impulse helfen, die eigene Kompetenz der emotionalen Führung zu optimieren:
Emotionale Führung ist nur möglich, wenn ich mich selbst emotional reif führen kann, d.h. wenn ich über einen gewissen Grad an emotionaler Intelligenz verfüge. Selbstführung hat viel mit dem eigenen inneren (emotionalen) Kompass zu tun.
2 Punkte sind wesentlich bei der emotionalen Führung:
Emotionale Führung öffnet neue Wege, die durch Mitgefühl und Vertrauen geprägt sind und die in die Richtung zu einem gelingenden Miteinander führen, wo sich jeder in seiner Einzigartigkeit zeigen kann.
Nico Rolli
Bachemerstr. 233 50935 Köln